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Corona: Pacht- und Mietminderung nach pandemiebedingter Betriebsschließung

Erneut hatte ein Obergericht die Frage zu entscheiden, ob die pandemiebedingte Schließung eines Restaurants einen zur Minderung berechtigenden Mangel der Pachtsache oder eine zur Vertragsanpassung berechtigende Störung der Geschäftsgrundlage darstellt. Diese Frage entschied das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. kürzlich in zwei Entscheidungen sowohl für ein Miet- als auch für ein Pachtverhältnis. (Az. 2 U 147/20 & 2 U 18/21).

Der Sachverhalt

Der beiden Entscheidungen zugrunde liegende Sachverhalt ist nach rund anderthalb Jahren Pandemie bestens bekannt: Zwei Betriebe mussten – bedingt durch die hessischen Corona-Regelungen – ihre Betriebe zweitweise schließen. Einer der Betriebe hatte die Räumlichkeiten gemietet, der andere gepachtet. Beide sahen in der erzwungenen Schließung sowohl einen Mangel der Räumlichkeiten, der den vertragsgemäßen Gebrauch unmöglich mache als auch eine Störung der Geschäftsgrundlage, die zur Vertragsanpassung berechtigen würde.

 

Die Urteile

Das OLG Frankfurt folgte dieser Argumentation nicht.

Ein Mangel läge nicht vor. Denn der Vertragsgegenstand selbst – die Betriebsräume – seinen in einwandfreiem Zustand und zum Betreiben eines Geschäfts wie vereinbart geeignet. Dass diese Betriebe aufgrund hoheitlicher Maßnahmen schließen mussten, sei nicht auf die Räumlichkeiten zurückzuführen. Es hätte sich mithin durch die Corona-Regelungen das sogenannte Verwendungsrisiko verwirklicht, dass die Mieter bzw. Pächter zu tragen hätten.

Die Frage nach einer Vertragsanpassung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage beurteilte das OLG differenzierter.

Zwar führten die Corona-Regelungen zu einer schwerwiegenden Störung der Geschäftsgrundlage. Auch sei anzunehmen, dass die Verträge dergestalt nicht zustande gekommen wären, hätten die Vertragsparteien mit dieser Entwicklung gerechnet. Allerdings müssten die Interessen der Mieterin bzw. Pächterin diejenigen der Vermieterin bzw. Verpächterin übersteigen. Die Fortführung der Verträge müsste den Betrieben unzumutbar sein.

Nach Ansicht des OLG stünden den Betrieben jedoch verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, eine solche Unzumutbarkeit abzuwenden. Zum einen könnten sie durch die Betriebsschließung und Kurzarbeitergeld Kosten reduzieren. Zum anderen würden die Umsatzeinbußen durch stattliche Unterstützung abgefangen. Auch zu beachten sei das Verwendungsrisiko, dass die Betriebe zu tragen hätten.

Auf der anderen Seite habe die Vermieterin hohe Verbindlichkeiten für die Mietsache zu bedienen. Es wäre ihr mithin unzumutbar, auf den vereinbarten Mietzins zu verzichten.

Aus diesen Gründen sei in diesen Einzelfällen eine Vertragsanpassung nicht vorzunehmen.

 

Einschätzung & Empfehlung

Nach wie vor muss zu diesen Fragen auf eine letztinstanzliche Entscheidung des Bundesgerichtshofes gewartet werden. Möglicherweise erfolgsversprechend kann vor allem eine Vertragsanpassung wegen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage sein. Denn dies ist stets eine Frage des Einzelfalles und ist nicht pauschal ausgeschlossen. Kann der Mieter oder die Pächterin darlegen, dass eine Vertragsfortführung wirtschaftlich trotz staatlicher Hilfen nicht zu stemmen ist und ist die Minderung des Miet- oder Pachtzinses für den Vertragspartner wirtschaftlich zumutbar, kann dies im Einzelfall in Betracht kommen.

Ihr Ansprechpartner

Jens Schulte-Bromby, LL.M.

Jens Schulte-Bromby, LL.M.