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Covid-19-Pandemie und Mietzinszahlung

08.03.2021

Die Rechtslage zur Frage der Mietzahlungsverpflichtung von Gewerbemietern in Zeiten des Lockdowns mit staatlich angeordneten Zwangsschließungen ist weiterhin ungeklärt. Im juristischen Blätterwald gibt es eine Vielzahl verschiedener Meinungen, die darin z.B. einen Mangel und damit einhergehendes Minderungsrecht erblicken oder aber einen Fortfall der Mietzahlungspflicht nach den Grundsätzen der Unmöglichkeit der Leistung annehmen. Andere sind der Auffassung, dass sich faktisch nichts ändere, weil das Risiko der vertragsgemäßen Verwendbarkeit der Mietsache nach der vertraglichen Risikoverteilung allein der Mieter und nicht der Vermieter trage. Die Gegenposition meint, dass ein sog. Wegfall der Geschäftsgrundlage vorliege, weil sich durch die unerwartete Pandemie und deren Folgen, die Umstände derart gravierend geändert hätten, dass eine Vertragsanpassung, die jedenfalls einen teilweisen Fortfall der Mietzinspflicht rechtfertigte, vorzunehmen sei.

Genauso unterschiedlich bewerten im Übrigen die Obergerichte die Rechtslage. Der für das gewerbliche Mietrecht zuständige XII. Senat des Bundesgerichtshofs wird hier für Klarheit sorgen müssen.

Der Gesetzgeber hat mit einem Gesetz neue Fahrt in die in die Diskussion gebracht.  Der Deutsche Bundestag hat am 17.12.2020 das Gesetz zu Miet – und Pacht Verhältnissen während der Covid-19-Pandemie verabschiedet. Art. 240 des Einführungsgesetzes zum BGB (EGBGB) wurde um einen § 7 ergänzt:

„Art. 240 § 7 EGBGB Störung der Geschäftsgrundlage von Miet – und Pachtverträgen

(1) Sind vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar, so wird vermutet, dass sich insofern ein Umstand im Sinne des §§ 313 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert.

(2)  Abs. 1 ist auf Pachtverträge entsprechend anzuwenden.“

Durch den in Art. 240 EGBGB neu eingeführten § 7 wird nun gesetzlich vermutet, dass sich ein Umstand im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat, wenn gewerblich vermietete Räume infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie für den Betrieb nicht oder nur mit erheblichen Einschränkungen verwendbar sind.

Es  handelt sich um eine widerlegbare gesetzliche Vermutung, die – wie vom Gesetzgeber intendiert – die Rechte des Mieters im Lockdown stärken soll. Keinesfalls hat der Gesetzgeber damit eine Regelung für diese Fälle geschaffen, an die sich die Gerichte zu halten hätten. Die Regelung führt also nicht zwangsläufig zu einem Fortfall der Mietzinszahlungsverpflichtung des Mieters.

Es muss weiterhin einzelfallbezogen entscheiden werden, ob und in welchem Umfang eine Anpassung Mietzinszahlungsverpflichtung angemessen ist. Dies gilt nicht zuletzt auch deshalb, weil eine Vermutung lediglich für die erste Voraussetzung des § 313 BGB festgeschrieben wurde.

Für Annahme eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage müssen jedoch drei Voraussetzungen erfüllt sein:

– Die Änderung der wesentlichen Umstände

– die abweichende Regelung bei Kenntnis der Parteien (dieser Umstände) und

– Die Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung für eine der Parteien

Vom Mieter darzulegen und zu beweisen ist, dass die Parteien bei Kenntnis der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Folgen eine abweichende Regelung getroffen hätten (zweites Element) und es für den Mieter unzumutbar ist, weiterhin am Vertrag festzuhalten (drittes Element).

Die Regelung des Art. 240 § 7 EGBGB enthält überdies keine Regelung über die Rechtsfolge des Wegfalles der Geschäftsgrundlage. Die  Vertragsparteien sind also gehalten zu verhandeln und selbst angemessene Lösungen zu finden. Es ist daher davon abzuraten , die Mietzinszahlung unter Hinweis auf die gesetzliche Regelung einzustellen.

Bei den Verhandlungen und auch bei gerichtlichen Entscheidungen sind nach unserer Auffassung stets die konkreten wirtschaftlichen Folgen zu berücksichtigen, also selbstverständlich auch Entlastungen des Mieters durch Kurzarbeit und staatliche Förderprogramme. Die Förderungen dienen in der Regel auch dazu, bestehende Dauerschuldverhältnisse wie Miete und Pacht „bedienen“ zu können. Es verbliebt daher weiterhin eine nicht unerhebliche Darlegungslast auf Seiten des Mieters.

Der für das Gewerbemietrecht zuständige XII. Zivilsenat wird hoffentlich bald die Gelegenheit bekommen, die drängenden Rechtsfragen zu klären.

Ihr Ansprechpartner

Jens Schulte-Bromby, LL.M.

Jens Schulte-Bromby, LL.M.