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Fehlender Ersatzwohnraum als Härtegrund bei einer Eigenbedarfskündigung
Mieter darf trotz wirksamer Kündigung noch 2 Jahre in der Wohnung bleiben

Urteil des LG Berlin Urteils vom 25. Januar 2024

In einer Stadt, in der die Suche nach bezahlbarem Wohnraum zunehmend zur Herausforderung wird, hat das Landgericht Berlin mit seinem Urteil vom 25. Januar 2024 (67 S 264/22) ein aufsehenerregendes Urteil gefällt. Die Entscheidung wirft ein Schlaglicht auf die akute Problematik fehlenden Ersatzwohnraums in Berlin und setzt einen Präzedenzfall für ähnliche Streitigkeiten nicht nur in Berlin, sondern auch in anderen Großstädten Deutschlands mit ähnlich angespanntem Wohnungsmarkt.

Gegenstand des Rechtsstreits war die Eigenbedarfskündigung einer Wohnung in Berlin durch die Eigentümerin, die die Wohnung für sich selbst nutzen wollte, da sie in Berlin beruflich tätig wurde. Die Beklagten, aktuelle Mieter der Wohnung, widersprachen der Kündigung erfolgreich mit dem Argument, dass ihnen aufgrund der aktuellen Lage auf dem Berliner Wohnungsmarkt kein angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen zur Verfügung stand.

Das Gericht erkannte die Eigenbedarfskündigung grundsätzlich als wirksam an. Es stellte fest, dass die Kündigung formell den Anforderungen genügte und der Eigennutzungswunsch der Klägerin auf nachvollziehbaren und legitimen Gründen beruhte.

Widerspruch der Beklagten: Der Widerspruch der Beklagten stützte sich auf § 574 Abs. 1 und Abs. 2 BGB, der es Mietern erlaubt, einer Kündigung zu widersprechen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für sie eine unzumutbare Härte bedeuten würde, insbesondere wenn angemessener Ersatzwohnraum nicht beschafft werden kann. Das Gericht folgte dieser Argumentation und stellte für Berlin das Vorliegen dieses Härtegrundes fest.

Das Urteil nahm explizit Bezug auf die angespannte Situation des Berliner Wohnungsmarktes. Mehrere Verordnungen, die auf eine Mangellage hinweisen, sowie die gesamtwirtschaftliche und demografische Entwicklung Berlins wurden herangezogen, um die Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche zu untermauern.

Das Mietverhältnis wurde nicht sofort beendet, sondern unter geänderten Bedingungen bis zum 31. Januar 2026 fortgesetzt, einschließlich einer Anpassung der Miete an einen marktüblichen Wert. Diese Entscheidung trug der schwierigen Situation der Beklagten Rechnung und bot gleichzeitig der Klägerin eine Perspektive für die zukünftige Nutzung der Wohnung.

Bedeutung des Urteils und Ausblick:

Dieses Urteil illustriert die Notwendigkeit einer sorgfältigen Abwägung der Interessen von Mietern und Vermietern in einem Marktumfeld, das durch Knappheit und hohe Nachfrage gekennzeichnet ist. Es setzt ein klares Zeichen für die Berücksichtigung der sozialen Folgen von Eigenbedarfskündigungen und unterstreicht die Bedeutung von Härtefallregelungen im Mietrecht.

Es handelt sich zwar um eine Einzelfallentscheidung des LG Berlin, gleichwohl wird das Urteil fraglos Einfluss auf die Rechtsprechung der Gerichte in anderen Großstädten, Universitätsstädten und Ballungsgebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt wie München, Düsseldorf, Köln, Stuttgart oder Hamburg haben. 

Vor diesem Hintergrund und damit verbundener Unwägbarkeiten einer gerichtlicher Entscheidungen sollte bei einem Eigennutzungswunsch zunächst versucht werden, mit dem Mieter eine einvernehmliche Lösung zu suchen und zu erarbeiten.  

Rufen Sie uns an  (0 21 31) 66 20 20

Ihr Ansprechpartner

Jens Schulte-Bromby, LL.M.

Jens Schulte-Bromby, LL.M.